8 Orte zum Gruseln, die es in sich haben
Spooky Spots // von Juliane Pröll
„Kommt her ihr Leut' und lasst euch sagen, gar Schreckliches hat sich zugetragen…“ Vom mittelalterlichen Foltergefängnis über den Galgenhof bis zum Pestfriedhof – die alte Reichsstadt Nürnberg wartet mit schaurig-schönen Plätzen auf.
Friedhof St. Johannis
Erhabene Stätte der Ruhe
Kommt die Rede auf den Johannisfriedhof, sind vor allem zwei Buchstaben besonders deutlich zu hören: „Aaaahhh!“ Weil er einfach so schön ist. Weitbekannt und Ziel zahlreicher Friedhofstouristen, steht er weniger für Grabesstimmung als vielmehr für einen besonderen Ort. Seit dem Mittelalter gibt es den Friedhof als letzte Heimstatt für 6.500 Verstorbene. Früher fanden Pest- und Cholera-Tote auf zwei getrennten Friedhöfen ihre letzte Ruhe. Im Laufe der Zeit wuchsen die beiden Hälften zusammen. Seitdem wurden hier viele berühmte Nürnberger wie Albrecht Dürer, Hans Sachs und Veit Stoß zur Ruhe gebettet. Wer mehr über die Geschichte des Friedhofs erfahren möchte, kann eine Führung machen – er könnte sich aber auch einfach ein wenig Zeit nehmen und sich treiben lassen. Denn was dem einen Ruhestätte, ist dem anderen Stätte der Ruhe. (ee)
Henkerhaus
Zum Henker noch mal!
Idyllisch thront das Henkerhaus über der Pegnitz, umrahmt von mittelalterlichem Henkerturm, Henkersteg, Wasserturm und Weinstadel. Das Henkerhaus erzählt die Geschichte der Henker, der sogenannten „Nachrichter“, in Nürnberg. An den reinweißen Kalkwänden im Inneren des Fachwerkgebäudes hängen Infotafeln, die über das blutige Handwerk der Henker Auskunft geben. Sie erzählen vom berühmtesten der Nürnberger Nachrichter: Meister Franz Schmidt. Der bekannte Scharfrichter führte sogar eine Art Tagebuch.
Welche Gedanken der Henker zu Papier brachte, erfahren Besucher über die Kopfhörer der „Hörstation“ in verschiedenen Kapiteln wie „Die Hinrichtung des Jahres 1578“. Auch woher die eine oder andere sprachliche Besonderheit kommt, wird im Museum erklärt: Hinter hochklappbaren Holztafeln verbirgt sich eine Erklärung zum Ursprung von Redensarten wie „den Garaus machen“. Allen Besuchern sei zudem ein Blick von der Karlsbrücke auf das Henkerhaus empfohlen. Dort werden sie mit einer wunderschönen Aussicht belohnt. (jp)
Lochgefängnisse
Im Keller des Nürnberger Rathauses ging es früher grausam zu. Die noch heute vorhandenen Gefängniszellen sind winzige dunkle Löcher. Die Häftlinge mussten viele Tage in den Zellen in völliger Dunkelheit ausharren, bis ein Urteil gefällt wurde. In der ironischerweise „Kapelle“ genannten Folterkammer sind alte Foltergeräte ausgestellt. Mit Halsringen, Daumenschrauben und einer Streckleiter peinigte der Scharfrichter die Delinquenten so lange, bis sie gestanden, was die Obrigkeit hören wollte.
Der Mittagsmörder
Schüsse in der Breiten Gasse, panische Passanten, blutüberströmte Opfer und ein Täter auf der Flucht: In den 1960er Jahren trieb ein Raubmörder in Nürnberg und Umgebung sein Unwesen. Seine Überfälle ereigneten sich, während der Mittagszeit weshalb er den Namen „Mittagsmörder“ verpasst bekam. Seinen letzten Coup verübte er am 1. Juni 1965 im Kaufhaus Brenninkmeyer, das heutige C&A-Geschäft am Weißen Turm. Er versuchte, einer Kundin die Handtasche zu klauen. Mehrere Passanten verfolgten ihn. Auf der Flucht tötete er den Hausmeister des Kaufhauses, schoss in der Breiten Gasse um sich und verletzte zwei Männer schwer, bevor ihn die Polizei dingfest machen konnte. Ein Gericht verurteilte ihn zu lebenslanger Haft wegen fünffachem Mord und schwerem Raub. Erst nach 50 Jahren Haft wurde Klaus G. im Jahr 2015 entlassen.
Rochus-Friedhof
Leichenberge, eiternde Wunden, Pestärzte mit Vogelmasken – der Friedhof entstand während der Pestepidemie im Jahr 1517. Die Gräber sind noch heute stumme Zeugen der damaligen Tragödien. Damit Hunde die Pestleichen nicht wieder ausgruben und aus den Gräbern zerrten, wurden sie mit den inzwischen berühmten Liegegrabplatten abgedeckt. Doch nicht nur die Pest forderte Opfer, auch eine hohe Kindersterblichkeit füllte den Knochenacker: Im Jahre 1570 raffte eine Pockenepidemie circa 1.600 Kinder in der Stadt dahin. Seinen Namen hat der Friedhof vom Pestschutzheiligen Rochus. Auch prägte der Friedhof die Nürnberger Redensart „ … sonst holt dich der Rochus“. Einen Friedhofsspuk konnte die Polizei aufklären: Diebe, die die wertvollen Epitaphien, historische bronzene Grabtafeln mit individuellen biografischen Botschaften von den Gräbern stahlen, wurden dingfest gemacht.
Gasthof zum Schwarzen Bären
Der Schwarze Bär stand einst in der Weißgerbergasse. In dem Wirtshaus befand sich der Legende nach eine versperrte Kammer unter dem Dach. Als eine Magd beim Frühjahrsputz aus Neugier die Kammer öffnete, befreite sie einen Poltergeist. Der Geist trank das Bier aus den Gläsern der Gäste, warf sie Nachts aus dem Bett und erschreckte die Pferde im Stall. Die Gäste blieben aus, das ruinierte den Wirt. Schließlich wurde das Gasthaus abgerissen und geriet in Vergessenheit. Aber wer weiß, vielleicht spukt der Poltergeist ja immer noch in den Bars und Läden der Gasse ...
Galgenhof
Dass man mit Kriminellen im Mittelalter nicht zimperlich umging, daran erinnert noch heute der Stadtteil Galgenhof. Die Hinrichtungsstätte stand von 1441 bis 1809 auf einem Hügel in der südlichen Vorstadt – gleich hinterm Bahntunnel an der Allersberger Straße. Wo früher Mörder und Totschläger ihr Leben ließen, steht heute ein modernes Studentenwohnheim. 2018 wurden bei Bauarbeiten in der Flaschenhofstraße fünf Skelette ausgegraben. Ein Verbrechen? Die Kripo ermittelte und übergab die Knochen dem Stadtarchäologen. Der stellte fest, dass die Gebeine mehr als 200 Jahre alt waren. Angehörige hatten die Toten bei Nacht und Nebel vom Galgen genommen und heimlich in der Marienvorstadt begraben, wo sie jüngst zum Vorschein kamen. Der Jüngste der Gehängten war zum Zeitpunkt der Hinrichtung erst 16 Jahre alt gewesen.
Heilig-Geist-Spital
Heimat des Goldenen Trunks
In der Altstadt, malerisch gelegen an und über der Pegnitz, thront das Heilig-Geist-Spital. Im Mittelalter als Altenheim und Krankenhaus genutzt, ist es heute ein Haus mit vielen Funktionen. Da ist einmal das Seniorenwohnheim, dann das Restaurant und kleine Lädchen wie ein Juwelier oder eine Töpferei. Im sogenannten Kreuzigungshof des Spitals befinden sich die steinernen Tischgräber der Gründer Konrad Groß und Herdegen Valzner.
Von 1424 bis 1796 bewahrten die Nürnberger in der Kapelle außerdem die Reichskleinodien – Reichskrone, Reichsschwert und Heilige Lanze – der Herrscher des Heiligen Römischen Reiches auf. Der Zerstörung des zweiten Weltkrieges erlag auch die Kapelle, die bis heute nicht rekonstruiert ist. Der ehemalige Speisesaal des Spitals ist nun Teil des Restaurants, welches auch die Tradition des Goldenen Trunks weiter trägt. Im Mittelalter wurde den Armen Wein und Bier zu bestimmten Zeiten ausgeschenkt, genannt „Goldener Trunk“, deshalb bekommen Gäste bis heute den „Heilig-Geist-Vortrunk“ im Gasthaus serviert. (lf)